Am 7. Juli 2022 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A20 von Westerstede bis Jaderberg für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.

Der etwa 13 Kilometer lange erste Bauabschnitt ist Teil einer insgesamt 214 Kilometer langen „Küstenautobahn“, die von Westerstede in Niedersachsen bis Weede in Schleswig-Holstein größtenteils durch Moor- und Marschlandschaften führen soll. Die A20 ist laut Umweltbericht (S. 132) des Bundesverkehrsministeriums das umweltschädlichste Straßenbauvorhaben im Bundesverkehrswegeplan. Die ursprünglich für den Bau eingeplanten Kosten von 1,9 Milliarden Euro haben sich mittlerweile verdreifacht.  

Als rechtswidrig erachtet das Bundesverwaltungsgericht die fehlerhafte Ermittlung der vorhabenbedingten Stickstoffbelastung. Auch nach einer Neuberechnung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens konnte eine Beeinträchtigung des Landschaftsschutzgebiets „Garnholdt” nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Deshalb stoppte das Gericht den Bau des ersten Abschnitts der A20 bis auf weiteres, auch wenn es die weiteren Einwände des BUND zurückwies. 

Unangetastet ließ das Bundesverwaltungsgericht insbesondere die Bedarfsfeststellung im Bundesverkehrswegeplan. Der Ausbau der A20 ist im geltenden Bundesverkehrswegeplan als Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ eingestuft. An diese gesetzliche Bedarfsfeststellung sieht sich das Gericht gebunden. Sie stelle eine verkehrspolitische Entscheidung des Gesetzgebers dar, deren gerichtliche Überprüfung auf eine Evidenzkontrolle beschränkt sei. Nur wenn die angestrebten Planungsziele unter keinen Umständen mehr erreicht werden können, wäre eine solche Bedarfsfeststellung verfassungswidrig. Das sei aber nicht hinreichend dargelegt worden.  

Auch die mit dem Projekt verbundenen Treibhausgasemissionen stehen nach Auffassung des Gerichts dem Bau nicht entgegen. So enthalte das Klimaschutzgebot aus Art. 20a GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber. Vorgaben für einzelne Planfeststellungsverfahren ließen sich laut Bundesverwaltungsgericht daraus aber ebenso wenig herleiten wie aus dem Pariser Klimaübereinkommen. 

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts stellt einen wichtigen Etappensieg im Kampf gegen den Autobahnausbau und für eine nachhaltige Verkehrswende dar. Wenngleich die Planungsbehörden die Realisierung des Projekts durch – ihrerseits beklagbare – Nachbesserungen weiter vorantreiben werden, so verschafft der vorläufige Baustopp ein Zeitfenster, das umweltschädliche Projekt auf politischer Ebene zu stoppen. Umso dringender muss nun endlich der im Koalitionsvertrag vereinbarte Dialogprozess starten und die Ausbauprojekte müssen auf ihre Vereinbarkeit mit den Klimaschutzzielen überprüft werden. 

Klagen gegen andere Abschnitte der A20 könnten zudem anders ausgehen. Das Klimaschutzgesetz war im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des hier streitigen Planfeststellungsbeschlusses noch nicht in Kraft getreten und musste daher nicht berücksichtigt werden. Künftige Vorhaben müssen nach § 13 KSG  mit den Klimaschutzzielen vereinbar sein und den Klimabeschluss des BVerfG stärker in den Blick nehmen.