Gutachten | Stellungnahmen
Beschwerde gegen LNG-Beschleunigungsgesetz vor dem ACCC
Zusammenfassung der GLI-Beschwerde vor dem ACCC
GLI hat eine Beschwerde beim Compliance-Komitee der Aarhus-Konvention eingereicht, die am 14.06.2024 als vorläufig zulässig („preliminarily admissible“) bewertet wurde. Diese betrifft das LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG), welches den Bau und Betrieb von Terminals für die Förderung von Flüssigerdgas (eng. liquefied natural gas, kurz LNG) beschleunigen soll. In der Beschwerde wird vorgebracht, dass mehrere Artikel des LNGG nicht mit der Konvention vereinbar sind. Dabei handelt es sich um folgende Artikel:
- Art. 6: Betrifft die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungen über bestimmte umweltpolitische Tätigkeiten.
- Art. 7: Betrifft die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Vorbereitung umweltbezogener Pläne, Programme und Politiken
- Art. 8: Regelt die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung von Durchführungsverordnungen und allgemein gültigen rechtsverbindlichen normativen Instrumente mit erheblichen Umweltauswirkungen
- Art. 9: Behandelt den Zugang zum Recht im Umweltbereich
Beteiligung der Öffentlichkeit im Planungsprozess
Das LNGG nimmt bestimmte LNG-Vorhaben von der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) aus, wie sie im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vorgeschrieben ist (vgl. § 4 LNGG). Außerdem wird die Frist für die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen von Genehmigungsprozessen von sechs bzw. acht Wochen auf lediglich zwei Wochen verkürzt (§§ 5, 7, 8 LNGG). In der Beschwerde wird argumentiert, dass dieser Zeitrahmen keine ausreichende Möglichkeit für eine sinnvolle Beteiligung der Öffentlichkeit bietet und somit gegen Art. 6 Abs. 2 und 6 Abs. 3 der Aarhus-Konvention verstößt.
Darüber hinaus verstößt die gesetzliche Feststellung der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit von LNG-Vorhaben und des Bedarfs dieser Vorhaben zur Gewährleistung der Versorgung der Allgemeinheit mit Gas (§ 3 Satz 2 LNGG) ohne Beteiligung der Öffentlichkeit unserer Ansicht nach gegen Art. 7 bzw. Art. 6 und Art. 6 Abs. 4 der Aarhus-Konvention. Denn einerseits fehlt eine Öffentlichkeitsbeteiligung gänzlich bei der Ausarbeitung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Andererseits lässt das LNGG dadurch zu, dass wesentliche Entscheidungen vor der Öffentlichkeitsbeteiligung getroffen werden, wodurch die Möglichkeit der Öffentlichkeit untergraben wird, sich zu „einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann“ zu beteiligen – also dann, wenn auch noch effektiv Einfluss auf das Ergebnis genommen werden kann.
Beteiligung der Öffentlichkeit an der Gesetzgebung
In der Beschwerde heben wir zudem hervor, dass die deutsche Regierung keine angemessenen Anstrengungen unternommen hat, die Öffentlichkeit wirksam in die Ausarbeitung des LNGG einzubeziehen. Diese mangelnde Beteiligung während des Gesetzgebungsverfahrens verstößt unserer Ansicht nach gegen Art. 8 Aarhus-Konvention, der von den Vertragsparteien verlangt, die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der „durch Behörden erfolgenden Vorbereitung exekutiver Vorschriften und sonstiger allgemein anwendbarer rechtsverbindlicher Bestimmungen, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können“, sicherzustellen.
Zugang zum Recht
Das LNGG beschränkt die richterliche Kontrolle von Projektzulassungen, die eigentlich unter Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention fallen, auf Verstöße gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts. Die in § 4 LNGG vorgesehene Ausnahme von der Umweltverträglichkeitsprüfung schränkt den Umfang der gerichtlichen Überprüfung ein und verstößt damit gegen die Art. 9 Abs. 2 und 9 Abs. 4 der Aarhus-Konvention, die den Zugang zu Überprüfungsverfahren von Entscheidungen im Umweltbereich gewährleisten.
Darüber hinaus wird die gesetzliche Festlegung des Bedarfs in § 3 Satz 2 LNGG einer effektiven gerichtlichen Kontrolle entzogen. Da die Bedarfsfeststellung von ihrer rechtlichen Wirkung her jedoch entweder Teil einer Zulassungsentscheidung oder einen Plan bzw. ein Programm darstellt, müsste effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden. Da dies nicht der Fall ist, verstößt § 3 Satz 2 LNGG unserer Ansicht nach gegen Art. 9 Abs. 2/ Art. 9. 3 der Aarhus-Konvention.
Stellungnahme zum Referentenentwurf des UmwRG
24. Mai 2024: Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) soll novelliert werden. In der Verbändeanhörung haben wir eine Stellungnahme zum Referentenentwurf abgegeben.
Der vorliegende Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz sieht eine Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vor. Von den beiden zur Anhörung bereitgestellten Entwürfen erlauben das Europarecht und die Aarhus-Konvention allein den „Alternativvorschlag eines § 1 UmwRG mit Generalklausel“. Eine Erweiterung der enumerativen Liste ist abzulehnen. Nur eine Generalklausel würde einige wichtige Probleme des aktuellen UmwRG lösen. Nicht nur führt sie zur Rechtskonformität mit Europa- und Völkerrecht und erhöht im Vergleich zum Referentenentwurf die Leserlich- und Verständlichkeit des Gesetzes. Sie würde auch zu mehr Rechtssicherheit und der Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren führen. Im Übrigen wird mit dem Referentenentwurf die große Chance, ein unleserliches und rechtsunsicheres Gesetz grundlegend zu verbessern, nicht ergriffen. Insbesondere werden beim Fristbeginn der Klagebegründungsfrist Beschleunigungspotenziale im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gehoben. Zu begrüßen ist hingegen die völkerrechtlich zwingende, ersatzlose Streichung der Anerkennungsvoraussetzung der Binnendemokratie und offenen Mitgliedschaft für Umweltvereinigungen.
Mehr Informationen finden Sie hier.
Hinweis: Grundrechte-Report 2024 veröffentlicht
22. Mai 2024: Der Grundrechte-Report 2024 ist erschienen – mit einem Beitrag unserer Kollegen Paul Madro und Philipp Schönberger zum Thema „Wenn aus zivilem Ungehorsam organisierte Klimakriminalität wird. Der § 129 StGB und die Letzte Generation“ (ab S. 134).
Der gedruckte Report ist als Taschenbuch erhältlich am Juni 2024: FISCHER Taschenbuch, S. Fischer Verlag, Frankfurt/M., 2024, ISBN 978-3-596-71084-3
Die Online-Bestellung ist ab dem 29.05.2024 möglich.
Studie: Zu wenig Zeit für Fachleute! Bundesministerien gewähren Verbänden oft nur wenige Tage, um Gesetzesentwürfe zu beurteilen.
13. Mai 2024: Die Bundesministerien räumen den Fachverbänden zu wenig Zeit ein, um zu Gesetzesentwürfen Stellung nehmen zu können. Das ist das Ergebnis einer Studie von Mehr Demokratie, FragDenStaat und Green Legal Impact, die die Daten der vergangenen und aktuellen Legislaturperiode auswertet.
Durchschnittlich wurde den Verbänden eine Frist von 15,4 Arbeitstagen eingeräumt. Bei knapp zwei Drittel der Fälle mussten die Verbände ihre Stellungnahme in weniger als 20 Arbeitstagen einreichen, in 18 Prozent der Fälle in fünf oder noch weniger Tagen. Wiedmann: „Manchmal sind es nur zwei Tage für teils sehr umfangreiche Gesetzentwürfe.“
Aktuell sind die Zeitfenster für die Verbändebeteiligung nicht gesetzlich geregelt. In der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien (GGO) heißt es dazu, dass der Gesetzesentwurf den Verbänden „möglichst frühzeitig zuzuleiten“ ist. „Zeitpunkt, Umfang und Auswahl“ sind „dem Ermessen des federführenden Bundesministeriums überlassen”. Einzelne Ministerien verpflichten sich jedoch selbst zu einer Frist von mindestens 20 Arbeitstagen. Die Verfasser der Studie fordern eine Minimalfrist von 20 Arbeitstagen, geregelt in der GGO.
In der Praxis räumte lediglich das Justizministerium den Verbänden eine ausreichende Frist ein. Es gewährt den Verbänden durchschnittlich 23 Arbeitstage. Bei zwei Drittel seiner Gesetzesentwürfe setzte es 20 oder mehr Arbeitstage an.
Besonders schlecht schneiden in der Studie das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit einer durchschnittlichen Frist von knapp fünf Arbeitstagen sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit durchschnittlich knapp zwölf Arbeitstagen ab.
Insbesondere kritisiert die Studie die sehr knappen Fristen von maximal zwei Tagen. Dies war bei der Hälfte der Gesetzentwürfe des Bau-Ministeriums und bei einem Siebtel der Gesetzentwürfe des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums der Fall.
15. April 2024: Nach dem Referentenentwurf des Justizministerium für ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) werden künftig jedenfalls die größten staatlichen Förderbanken wie die KfW-Bankengruppe, die NRW.BANK oder die Landeskreditbank Baden-Württemberg von den neu eingeführten Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erfasst. Daran sollte auch im parlamentarischen Verfahren festgehalten werden. Mit Blick auf die kleineren Förderbanken der Länder sowie auf die Landwirtschaftliche Rentenbank ist die Verpflichtung durch die Umsetzung der CSRD teilweise nicht eindeutig. Hier bedarf es einer entsprechenden Klarstellung. Darauf hat GLI in einer Stellungnahme an das BMJ hingewiesen.
28. März 2024: In der deutschen Klimaschutzpolitik besteht weiterhin erheblicher Nachsteuerungsbedarf. Die Zielerreichung für 2030 ist nicht sichergestellt und der Verkehrssektor verfehlte 2023 die Sektorziele erneut. Dabei müssten zur Einhaltung der verfassungs- und völkerrechtlichen Klimaschutzverpflichtung die Klimaziele erheblich verschärft werden.
Nach den jüngsten Zahlen des Umweltbundesamts (UBA) ist die Erreichung des Klimaschutzziels für 2030 in Reichweite gerückt. Trotzdem ist Deutschland weiterhin nicht auf einem Reduktionspfad, der mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben, dem Europarecht und dem Pariser Übereinkommen vereinbar wäre. Denn die Zielerreichung bis 2030 ist weniger das Ergebnis ausreichender Klimaschutzmaßnahmen als von den Sondereffekten der Corona- und Energiekrise. Dabei bleiben der Verkehrs- und Gebäudesektor weiter hinter den Vorgaben der EU-Lastenteilungsverordnung zurück. Vor allem aber erweisen sich schon die gesetzten Klimaschutzziele als nicht ambitioniert genug, um die verfassungsrechtliche Pflicht zur Einhaltung eines Paris-kompatiblen Treibhausgas-Budgets zu gewährleisten. Das verdeutlichen die jüngsten Berechnungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen. Bei der laufenden Reform des Klimaschutzgesetzes müssten die Ziele daher nachgeschärft werden, um eine Vollbremsung nach 2030 zu verhindern.
Endlich: Wissenschaftlicher Sachverstand in Strafverfahren gegen Klimaaktivist*innen
16. Januar 2024: Green Legal Impact Germany e.V., Lawyers for Future und Scientists for Future begrüßen, dass das Landgericht Berlin die Klimakrise und das Recht auf friedlichen demokratischen Protest ernst nimmt und in der heutigen Verhandlung zum Strafverfahren gegen eine Klima-Aktivist*in zum ersten Mal Wissenschaftler*innen zu Wort kommen lässt.
Aktivist*innen der Letzten Generation werden inzwischen regelmäßig strafrechtlich dafür belangt, dass sie die Politik auf ihr Versagen im Umgang mit der Klimakrise durch gewaltfreien Protest und Aktionen des zivilen Ungehorsams hinweisen. In diesen Strafverfahren wurde bislang keine wissenschaftliche Expertise hinzugezogen, obwohl die Angeklagten in hunderten Verfahren entsprechende Beweisanträge stellten. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Entscheidung des LG Berlin, im Strafverfahren gegen eine Aktivistin der Letzten Generation drei Wissenschaftler*innen als Sachverständige geladen zu haben. Wissenschaftlich fundierte Berichte über die Gefahren des Klimawandels und den Nutzen alternativer Protestformen auch vor Gericht zu hören, sind in jedem Fall ein Schritt in die richtige Richtung.
Dr. Brigitte Knopf ist Physikerin, seit 2020 Mitglied im Expertenrat für Klimafragen und beschäftigt sich in dieser Funktion mit der aktuellen Klimapolitik der Bundesregierung. Prof. Dr. Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) wird zu den Folgen des Klimawandels angehört. Dr. Simon Teune ist Soziologe an der Freien Universität Berlin mit dem Schwerpunkt Protest- und Bewegungsforschung.
Die Einholung der Expertise, über welche die Gerichte nicht selbst verfügen (können), ist essenziell, um den Blick für den größeren Kontext des Strafverfahrens zu schärfen. Der Protest der Klimaaktivist*innen richtet sich gegen die gefährliche Untätigkeit von Politik und Verwaltung im Angesicht der existenziellen Bedrohungen der Klimakrise. Zugleich werden gewaltfreier Protest und ziviler Ungehorsam zunehmend kriminalisiert und durch Verbote und Abschreckungsmaßnahmen erschwert. Die Diskussion über die Legitimität von Protestformen und -aktionen kann konstruktiv nur auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Forschung geführt werden, zu deren Verständnis es der Anhörung von Expert*innen bedarf.
Durch die Anhörung verschafft das LG Berlin den Argumenten der Aktivist*innen Gehör. Die öffentliche Aufmerksamkeit kann sich so auf das richten, was das Kernanliegen der Angeklagten ist: die Erkenntnis, dass die Bewältigung der Klimakrise einer vielfach größeren Anstrengung bedarf. Ob die Berufung auf den Klimanotstand in Zukunft aussichtsreiche Strafverteidigung darstellt, bleibt bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung abzuwarten.
Wir hoffen, dass auch andere Gerichte dem Beispiel des LG Berlin folgen und den politischen Hintergründen zivilen Ungehorsams durch die Heranziehung von Expert*innen einen Raum geben.
Gericht gibt elinor Recht: Vorgehen gegen Klimaprotest beschränkt zivilgesellschaftliches Engagement
21. Dezember 2023: Mit Beschluss vom 8. Dezember 2023 hat das Landgericht München einer Beschwerde des Zahlungsdienstleisters „elinor“ stattgegeben. Die Staatsanwaltschaft München muss über 700.000 Euro herausgeben, die sie im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die „Letzte Generation“ wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) rechtswidrig beschlagnahmt hatte. Der Fall verdeutlicht die weitreichenden Auswirkungen der Vorwürfe nach § 129 StGB auf die gesamte Zivilgesellschaft.
Der Zahlungsdienstleister elinor Treuhand e.V. bot Gruppenkonten für Schulklassen, Sportvereine oder Bürger*inneninitiativen an. Durch die Bereitstellung der Dienstleistung sollte zivilgesellschaftliches Engagement gefördert und eine solidarische und demokratische Verwaltung gemeinsamer Gelder ermöglicht werden. Über 1.400 Projekte unterhielten ein Gruppenkonto bei elinor, darunter auch diverse Gruppen aus der Klimabewegung wie „Fridays for Future“ und die „Letzte Generation“. Im Mai 2023 ließ die Generalstaatsanwaltschaft München im Rahmen der Ermittlungen nach § 129 StGB die Räume von elinor durchsuchen und Bankforderungen in Höhe von über 700.000 Euro beschlagnahmen. Der Mitgründer und Geschäftsführer Lukas Kuhnert wurde wegen der Bereitstellung der Zahlungsdienstleistungen als Unterstützer einer kriminellen Vereinigung beschuldigt.
Erfolgreiche Beschwerde von elinor
Gegen die Beschlagnahme hat sich elinor nun erfolgreich mit einer Beschwerde zur Wehr gesetzt. Weil über 90 Prozent der beschlagnahmten Gelder gar nicht der „Letzten Generation“ gehörten, hielt das Landgericht München das Vorgehen der Ermittler für unverhältnismäßig und erklärte es insofern für rechtswidrig. Zahlreiche unbeteiligte Nutzer*innen von elinor hatten wegen der übermäßigen Beschlagnahmung über Monate nur eingeschränkten Zugriff auf ihre Gruppenkonten.
„Chilling effects“ bleiben
Elinor bekommt sein Geld nun zurück, der Schaden ist aber bereits eingetreten: Die Plattform hat in Folge der Vorfälle seine Dienste eingestellt. Und der ehemalige Geschäftsführer Lukas Kuhnert sieht sich weiter einer Strafverfolgung nach § 129 StGB wegen Unterstützung der „Letzten Generation“ ausgesetzt.
„Der Fall von elinor veranschaulicht eindrücklich, welche weitreichenden Konsequenzen der Einsatz von § 129 StGB gegen Klimaaktivist*innen für die Bewegung und zivilgesellschaftliches Engagement insgesamt hat“, kommentiert Philipp Schönberger von Green Legal Impact die Entscheidung. Jede irgendwie geartete Tätigkeit, die den Zwecken der „Letzten Generation“ dienlich ist, kann eine strafbare Unterstützungshandlung darstellen – sei es logistisch, finanziell, juristisch, medial oder politisch. Die Norm erlaubt weitreichende Ermittlungsmaßnahmen, die oft tief in die Grundrechte von unbeteiligten Dritten eingreifen. So wurden im Zuge der Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft München Journalist*innen abgehört, Anwaltskanzleien und Werbeagenturen durchsucht und die Adressen von 5.000 Menschen aus dem Umfeld von Fridays for Future beschlagnahmt. Selbst Menschen, die nur lose oder auch gar nicht mit der „Letzten Generation“ in Verbindung stehen, müssen strafprozessuale Maßnahmen fürchten. „Strafrechtlich und diskursiv wird Klimaaktivismus mit organisierter Kriminalität assoziiert und so stigmatisiert. Das schreckt Menschen davon ab, ihre demokratischen Freiheitsrechte wahrzunehmen, um sich für Gemeinwohlbelange politisch oder zivilgesellschaftlich zu engagieren“, warnt Philipp Schönberger.
Ermittlungen einstellen, § 129 StGB reformieren
Es widerspricht dem Kernanliegen einer freiheitlichen Demokratie, unliebsamen Protest mit Mitteln des Strafrechts zu delegitimieren. Organisationen zu kriminalisieren, die zivilgesellschaftliches Engagement und Protest ermöglichen, ist daher verfassungsrechtlich bedenklich. Das Grundgesetz stellt strenge Verhältnismäßigkeitsanforderungen an die Einleitung von Ermittlungen nach § 129 StGB und die Ergreifung strafprozessualer Maßnahmen gegen Aktivismus und Protest. Diese Anforderungen sollte die Strafjustiz konsequent beachten und die Verfahren nach § 129 StGB gegen Klimaaktivist*innen einstellen. Darüber hinaus verdeutlicht der Vorfall den Bedarf für eine Gesetzesreform, mit der eine Instrumentalisierung des Paragrafen gegen friedlichen Protest für die Zukunft ausgeschlossen wird.
Besorgniserregende Entwicklungen
Das unverhältnismäßige Vorgehen der Ermittlungsbehörden gegen elinor steht im Kontext zunehmender staatlicher Repressionen gegen Klimaaktivist*innen. Green Legal Impact dokumentierte im Dezember 2023 erstmals die Entwicklungen in Deutschland in einem umfassenden Bericht. Auch das Deutsche Institut für Menschenrechte mahnte in seinem Menschenrechtsbericht 2023 die Einhaltung grund- und menschenrechtlicher Standards im Umgang mit Klimaprotest an. Die internationalen Organisationen Amnesty International und Civicus stuften Deutschland in ihren Freiheitsrechts-Rankings zuletzt wegen des Vorgehens gegen Klimaaktivist*innen herab. Green Legal Impact beobachtet die Beschränkung zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume für die Klimabewegung mit Sorge und unterstützt Betroffene juristisch.
Green Legal Spaces Report 2023: Teilhaberechte der Klimabewegung werden zunehmend beschränkt
01. Dezember 2023: Klimaaktivismus wird in Deutschland zunehmend durch staatliche Repressionen behindert und delegitimiert, zeigt der heute veröffentlichte Bericht ‚Green Legal Spaces Report 2023‘. Der von Green Legal Impact (GLI) mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), dem Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU) und dem Meacenata Institut erstellte Bericht verdeutlicht, wie Versammlungsverboten, Polizeigewahrsam, oder der Strafverfolgung wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung, dass die Klimabewegung in Deutschland unter wachsendem Druck steht. Demokratische Räume, Teilhaberechte und grundrechtlich geschützte Freiheiten werden so auf vielfältige Weise beschnitten. Anlässlich der UN-Klimakonferenz in Dubai macht der Report auf diese bedenklichen Entwicklungen aufmerksam machen.
Vorschläge zum Deutschland-Pakt schwächen Umweltschutz und gefährden den RechtsstaatUmweltverbände üben scharfe Kritik an Bund-Länder-Papier
17. Oktober 2023: Die Umweltorganisationen BUND, DUH, Greenpeace, GLI, NABU, WWF und der Dachverband DNR bewerten den aktuellen Vorschlag für einen Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung von Bund und Ländern in einigen Punkten als eine ernsthafte Gefahr für Umwelt und Rechtsstaat. Anlässlich der morgigen Konferenz der Chef*innen der Staatskanzleien und des Kanzleramts betonen die Verbände, dass bestehende Umweltstandards sowie Beteiligungs- und Klagerechte von Zivilgesellschaft und anerkannten Umweltverbänden ein unverzichtbares Mittel sind, um die Einhaltung von geltendem Umweltrecht sicherzustellen. Doch genau diese Standards und Rechte sollen unter dem Vorwand einer Verfahrensbeschleunigung nun so massiv wie noch nie zuvor beschränkt werden.
“Die Beibehaltung von Umweltstandards ist essenziell, da diese der Absicherung und dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen dienen. Beteiligungsrechte sichern zudem die Akzeptanz von Entscheidungen und haben erwiesenermaßen keine verzögernde Wirkung”, so die gemeinsame Einschätzung der Organisationen. Klagerechte der Umweltverbände unterstützen die Durchsetzung geltenden Rechts und sind völker- und europarechtlich garantiert. Die vorgeschlagene Beschränkung der Umweltverbandsklagerechte auf Fälle, die nicht im überragenden öffentlichen Interesse liegen, würde eklatant gegen höherrangiges Recht verstoßen.
Nach Überzeugung der beteiligten Organisationen sind Rechtsschutzmöglichkeiten ebenfalls nicht die Ursache für die langsame Genehmigungspraxis. Seit Jahrzehnten wird ein Beschleunigungspaket nach dem anderen geschnürt. Tatsächlich haben die Verwaltungsverfahren jedoch kaum an Geschwindigkeit aufgenommen. Das eigentliche Problem wurde und wird dabei aber nach wie vor nicht behoben. Dafür müssten vor allem personelle und materielle Ressourcen aufgestockt und behördeninterne Prozesse optimiert, Daten verfügbar gemacht und die Digitalisierung vorangebracht werden.
Beschleunigung zugunsten klimafreundlicher Projekte ist dringend notwendig. Deshalb unterstützen die Umweltorganisationen einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Förderung klimafreundlicher Projekte, sofern diese die Biodiversitätskrise nicht verschärfen. Jedoch geht es mittlerweile offenkundig nicht mehr darum, die Transformation in eine klimafreundliche Zukunft gelingen zu lassen. „Ein vermeintlicher „Bürokratie-Abbau“ soll rechtfertigen, dass eine ganze Bandbreite klimaschädlicher Vorhaben beschleunigt wird, die stattdessen dringend gestoppt werden müssten, wie z.B. der Ausbau von Bundesfernstraßen. Zudem suggeriert der Begriff, dass Verzögerungen in Verfahren aus Problemen im Planungs- und Genehmigungsrecht resultieren. Das Prinzip der staatlichen Genehmigung wird dadurch immer mehr aufgeweicht und zur Disposition gestellt. Was als absolute Ausnahmeregelung zur Abwendung einer Gasmangellage gedacht war, wird immer mehr zur Regel. Die Liste der Vorhaben, die beschleunigt werden sollen, wirkt zunehmend wie eine anachronistische Wunschliste der Industrie”, so die Verbände weiter.
Die Vorschläge stehen im Kontext einer seit Jahren zunehmenden Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft im Bereich Umwelt- und Klimaschutz. Umweltstandards zu wahren, ist aber kein überflüssiger Luxus, sondern die Absicherung unserer Existenzgrundlage. Dazu gehört auch, dass die Öffentlichkeit korrigierend eingreifen und sich einbringen kann. Genehmigungsverfahren zu verbessern und zu beschleunigen, kann daher kein einseitiges Vorhaben des Staates sein, sondern muss gesamtgesellschaftlich getragen werden.
Stellungnahme von Green Legal Impact e.V. zum Entwurf des BMWK zur Änderung des Klimaschutzgesetzes: Entwurf erhöht die Gefahr einer Verfehlung der Klimaziele
19. Juni 2023: Mit dem vorliegenden Entwurf setzt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die
Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 28. März 2023 zur Novellierung des Klimaschutzgesetzes
(KSG) um. Statt die Klimaschutzarchitektur des KSG konsequent an den verfassungsrechtlichen
Vorgaben sowie den Zielen des Pariser Übereinkommens auszurichten und der absehbaren
Zielverfehlung entgegenzuwirken, wird in dem Entwurf die Bedeutung der Sektorziele und damit die
Ressortverantwortlichkeit als wichtiges Element der bisherigen Governance-Struktur des KSG
empfindlich geschwächt. Dringend notwendige Klimaschutzmaßnahmen drohen durch die
Umgestaltung weiter verzögert und die erforderlichen Transformationsprozesse gehemmt zu werden.
Dadurch erhöht sich die Gefahr einer Verfehlung des Klimaschutzziels für 2030 und die Verletzung der
verfassungsrechtlichen Klimaschutzverpflichtungen. Bedenklich ist vor diesem Hintergrund
insbesondere, dass das gleichzeitig vorgelegte Klimaschutzprogramm nicht ausreicht, die Lücke bis
2030 von etwa 200 Millionen Tonnen CO2-eq zu schließen und damit ein Nachsteuern eigentlich schon
bei Erlass des Gesetzes erforderlich macht. Zu begrüßen ist hingegen die grundsätzliche Beibehaltung
eines Budget-Ansatzes und die Stärkung der Rolle des Expertenrats für Klimafragen.
Stellungnahme zu den Ermittlungen gegen die „Letzte Generation“
25. Mai 2023: Die Generalstaatsanwaltschaft München hat in mehreren Bundesländern Durchsuchungen und Beschlagnahmungen gegen Angehörige der „Letzten Generation“ veranlasst. Sie ermittelt wegen des Verdachts der Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.
Die Strafbarkeit der Bildung und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung regelt § 129 StGB. Voraussetzung ist zunächst, dass der Zweck der Vereinigung auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet ist. Die bevorzugte Protestform der letzten Generation ist das Blockieren von Straßen, einschließlich Autobahnen. Dabei kann der Tatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) erfüllt sein, wenngleich die Frage der Verwerflichkeit bislang von Behörden und Gerichten unterschiedlich behandelt und Aktivist*innen auch vereinzelt freigesprochen wurden. Hinzu kommen einzelne Aktionen, die sich gegen Kunstwerke, Gebäude (z.B. die SPD-Parteizentrale) oder Monumente richten und Sachbeschädigungen (§ 303 StGB) darstellen können. Sofern sich vereinzelt Proteste gegen Öl-Raffinerien und Pipelines richteten, steht zudem der Vorwurf der Störung öffentlicher Betriebe (§ 316b Abs. 1 Nr. 2 StGB) im Raum. Die Letzte Generation wählt bewusst Protestformen, die einen (Straf-)Rechtsverstoß in Kauf nehmen. Wenngleich die Strafbarkeit bei vielen Aktionen fraglich erscheint, so gehört ihre Begehung grundsätzlich zu den Mitteln der Bewegung.
Weil § 129 StGB als „Vorfelddelikt” Handlungen bestraft, die weit im zeitlichen und räumlichen Vorfeld von Rechtsgutsverletzungen liegen, und die Norm zudem als Katalogtat weitreichende Ermittlungsmaßnahmen und damit einhergehende Grundrechtseingriffe rechtfertigen kann (vgl. § 101a Abs. 2 Nr. 1 lit. d StPO), haben Gesetzgebung und Rechtsprechung zusätzliche Einschränkungen vorgenommen. Einerseits darf die Begehung von Straftaten gegenüber anderen Zwecken der Vereinigung nicht nur eine untergeordnete Rolle spielen (§ 129 Abs. 3 Nr. 2 StGB). Andererseits ist zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine besondere Schwere der Straftaten erforderlich. Für eine kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB genügt also nicht jeder Verstoß gegen eine Strafvorschrift, vielmehr müssen die geplanten oder begangenen Taten “eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten und unter diesem Gesichtspunkt von einigem Gewicht” sein (Gesetzesbegründung, S. 10). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung der Vereinigung, deren Vorgehens und Motive sowie der Begleitumstände und Auswirkungen zu bewerten (BGH Urteil v. 4.8.1995 – StB 31/95, Rn. 13).
Gerade diese sprechen aber im Falle der Letzten Generation gegen die Annahme einer kriminellen Vereinigung. Die Proteste sind auf die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der Lebensgrundlagen und des Klimaschutzgebots gerichtet. Sie machen darauf aufmerksam, dass Deutschland weit davon entfernt ist, seine klimapolitischen Ziele und Verpflichtungen zu erfüllen und dass die Zeit zum Handeln beschränkt ist. Dabei nehmen sie die verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit wahr. Ihr Protest war bislang komplett gewaltfrei, ungeachtet zahlreicher gewalttätiger Übergriffe auf die Aktivist*innen selbst. Eine besondere Gefährlichkeit, die § 129 StGB voraussetzt, ist nicht erkennbar. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft hat bereits erklärt, dass sie einen Anfangsverdacht nicht für begründet hält.
Man kann sowohl von den Anliegen als auch von den Protestformen der Letzten Generation halten, was man will, und diese Haltung auch öffentlich äußern. Die Meinungsfreiheit deckt insoweit auch fragwürdige RAF-Vergleiche von Politiker*innen und Rufe nach der “vollen Härte des Gesetzes”. Verfassungsrechtlich geboten ist auch, dass Strafverfolgungsbehörden dort, wo sie eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder strafbares Verhalten wahrnehmen, tätig werden. Überall dort, wo der Protest selbst oder das Verhalten einzelner Teilnehmenden die Grenzen zur Strafbarkeit überschreiten, setzt die Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden zu entsprechenden Ermittlungen ein. Bislang haben sich die Aktivist*innen der „Letzten Generation“ den strafrechtlichen Konsequenzen ihres Verhaltens kompromisslos gestellt.
Gerade weil § 129 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt eine erhebliche Vorverlagerung und Ausweitung der Strafbarkeit begründet, sind hohe Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit zu stellen – nicht nur im Rahmen der Annahme eines Tatverdachts, sondern auch bei der Wahl der Ermittlungsmaßnahmen. Das ist keine Frage kriminalpolitischen Fingerspitzengefühls, sondern ein verfassungsrechtliches Gebot – erst recht, wenn sich die Ermittlungen dezidiert gegen politischen Protest richten.
Die Beschlagnahmung von Finanzmitteln, die Sperrung der Homepage und der Diskurs um die Verfolgung von Spender*innen der Gruppe bauen eine Drohkulisse auf. Es ist die Frage erlaubt, ob es hier wirklich (ausschließlich) um die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit geht. Ordnungs- und Strafrecht dürfen wohl unstreitig nicht dafür instrumentalisiert werden, politisch unliebsamen Protest zu delegitimieren und Aktivist*innen einzuschüchtern. Bayern befindet sich gerade im Wahlkampf für die bevorstehende Landtagswahl. Es ist zu hoffen, dass keinerlei Kausalzusammenhang zwischen Wahlkampf und Ermittlungen besteht. Schon der Anschein, dass eine politische Motivation für das Tätigwerden der Behörden vorliegen könnte, schädigt das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz.
Und was für ein Signal sendet eine Politik, die lautstark danach ruft, Klimaaktivist*innen einzusperren, gleichzeitig aber selbst aber ihren völker-, europa- und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen zu effektivem Klimaschutz nicht ausreichend nachkommt? Der Handlungsbedarf ist groß und die Zeit drängt: Mit den aktuellen politischen Programmen und Maßnahmen steuert die Welt auf eine durchschnittliche globale Erwärmung von rund 2,8°C bis zum Ende des Jahrhunderts zu – mit katastrophalen Folgen.
Gesetzentwurf des Verkehrsministeriums klimapolitisch unverantwortlich
Gemeinsame Stellungnahme von GLI, UfU und DNR
26. April 2023. Gemeinsam mit dem Deutschen Naturschutzring (DNR) und dem Unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU) haben wir eine Stellungnahme zu dem Entwurf des Bundesverkehrsministeriums für ein „Gesetzes zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich“ eingereicht.
Der Entwurf enthält viele kritikwürdige Vorschläge. Insbesondere die vorgesehene gesetzliche Verankerung eines „überragenden öffentlichen Interesses“ am Bau von über 140 Fernstraßenvorhaben aus dem Bundesverkehrswegeplan ist klimapolitisch unverantwortlich. Diese zielt primär auf die Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit von Straßenbauvorhaben gegenüber Klimabelangen ab, was mit Art. 20a GG schwer vereinbar ist.
Die Aushebelung der UVP-Pflicht für den Ersatzneubau von Brücken Verstößt gegen die UVP-Richtlinie. Die Ausweitung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht ausreichend begründet und die Verkürzung der Begründungsfristen im Eilverfahren gegen Straßenbauvorhaben erschwert in ungerechtfertigter Weise den Rechtsschutz.
Die gesamte Stellungnahme finden Sie hier.
Die Pressemitteilung des DNR ist hier abrufbar.
LNG-Pläne der Bundesregierung: Neues Gutachten von Green Legal Impact, Client Earth und BUND offenbart erhebliche Zweifel an Verfassungsmäßigkeit
20. April 2023: Die Umweltorganisationen Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), ClientEarth – Anwälte der Erde und Green Legal Impact (GLI) haben heute ein Rechtsgutachten zum LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG) veröffentlicht.
Die Autorinnen bezweifeln, dass das LNGG mit dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzgebot im Einklang steht — vor allem weil die Bundesregierung von einem stark überdimensionierten erwartbaren Bedarf an Flüssiggas-Terminals ausgeht.
Im „Rechtsgutachten zum LNG-Beschleunigungsgesetz“ der drei Umweltorganisationen wird geprüft, ob die Regelungen des LNGG mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Autorinnen gehen davon aus, dass die Bedarfsfeststellung in § 3 S. 2 in Verbindung mit weiteren Regelungen des LNGG künftige grundrechtlich geschützte Freiheitsrechte gefährden, indem sie das CO2-Restbudget irreversibel zu verkleinern drohen.
Gute Argumente sehen die Umweltrechtsexpert*innen zudem dafür, dass der Gesetzgeber durch das LNGG seine grundrechtlichen Schutzpflichten verletzt hat, da die darin enthaltenen Regelungen im Widerspruch zur verfassungsrechtlichen Pflicht stehen, nicht erforderliche Emissionen zu unterbinden. Insgesamt kommt die Untersuchung zum Ergebnis, dass insbesondere wegen der unzureichenden Berücksichtigung des Klimaschutzes bei der Realisierung künftiger LNG-Projekte erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen des LNGG mit dem Grundgesetz bestehen. Die Behörden müssen – entgegen der Wertungen des Gesetzgebers – bei der Zulassung der Terminals den Klimaschutz hinreichend berücksichtigen.
Ältere Stellungnahmen und Veröffentlichungen
13. März 2023: Ohne Ziele kein Klimaschutz: Gemeinsames Briefing von Green Legal Impact und ClientEarth zur Weiterentwicklung des Klimaschutzgesetzes
30. November 2022: Ein Schritt in die falsche Richtung: Effektiver Rechtsschutz soll für vermeintliche Planungsbeschleunigung geopfert werden
07. November 2022: Verfassungsblogartikel zum FDP-Vorschlag für ein neues Staatsziel „Verkehrsinfrastruktur“ – Ein „konstitutioneller Wumms“ für den Straßenbau
07. und 12. September 2022: Eilbrief und Stellungnahme zum VwGO-Beschleunigungsgesetz
06. April 2021: Verbändebriefe zur Revision der Aarhus-Verordnung (Verordnung 1367/2006)